Ein Bild trifft den Blick der Betrachterin und lässt sie nicht los. Das Foto einer
geisterhaften Pflanze in einem Tschernobyl-Buch. Das rauchvernebelte Gesicht eines
Grubenarbeiters in einer Kiewer Ausstellung. Oder ein syrisches Flüchtlingspaar bei der Landung
auf Lesbos abgedruckt in der New York Times. Woraus besteht die Gegenwart? Aus dem was in
Ausstellungen hängt an Plakatwänden verwittert oder über die Bildschirme läuft? Wie gelingt es
den intimen Moment der Bestürzung oder des Staunens in Sprache zu verwandeln? Mit den
Foto-Kolumnen die sie 2015 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu schreiben begann
hat die Autorin ihr eigenes Genre geschaffen: kurze Prosa Landschaft Biografie
Zeitgeschichte und Form auf minimalem Raum verdichtend. Gerade weil Katja Petrowskaja alles
persönlich nimmt ob das Foto von einer alten Frau im Kaukasus die der Sessellift in den
Himmel trägt oder den Anblick einer Brüsseler Hauswand nach den Terroranschlägen gewinnen
ihre Texte eine Kraft die dem Augenblick seine Wahrheit abringt.