Der vorliegende Band enthält alle erhaltenen Briefe und Karten der Korrespondenz zwischen
Theodor W. Adorno und Walter Benjamin in chronologischer Reihenfolge. Fraglos ein großer
Verlust nicht nur für den Briefwechsel ist daß Adornos Gegenbriefe bis Anfang 1933 fehlen: sie
blieben in der letzten Berliner Wohnung Benjamins in der Prinzregentenstraße zurück als dieser
im März 1933 Deutschland verlassen mußte und sind seither verschollen. »Denn alle
Verdinglichung ist ein Vergessen: Objekte werden dinghaft im Augenblick wo sie festgehalten
sind ohne in allen ihren Stücken aktuell gegenwärtig zu sein: wo etwas von ihnen vergessen
ist.« Kaum eine bessere Charakterisierung als dieser Satz aus Adornos Brief vom 29. Februar
1940 an Walter Benjamin ließe sich denken um darzutun worin die entscheidende Differenz
zwischen den Diskussionen die in der Kritischen Theorie der dreißiger Jahre geführt wurden
und der Darstellung liegt die die Ergebnisse jener Diskussionen heutzutage in der
Sekundärliteratur zusammenfaßt. Es liegen Welten zwischen der Kritik die Adorno und Benjamin
wechselseitig an ihren Arbeiten während der Emigration übten und der geronnenen Gestalt in
der diese zentralen Arbeiten von den Nachgeborenen zerstückelt und ungeschickt wieder
zusammengeklebt rezipiert und 'tradiert' werden. - Galt ein beträchtlicher Teil der
Korrespondenz Benjamins Fragment gebliebenem »Passagen-Werk« welches das 19. Jahrhundert
geschichtsphilosophisch zu entschlüsseln sich vorgenommen hatte und der 'Abschlagszahlung'
darauf dem Baudelaire-Aufsatz für die »Zeitschrift für Sozialforschung« so kreisen die Briefe
insgesamt die Benjamin und Adorno vor allem in der Emigration ab 1934 wechselten um die
verbindliche theoretische Darstellung jener grundlegenden Erfahrungen der bürgerlichen Kultur
die mit dem Faschismus unwiederbringlich verlorengingen und deren Vergessen gerade nicht das
glückliche Ballastabwerfen des Wanderers war der das Ziel in erreichbarer Ferne vor sich
liegen sieht. Der Briefwechsel läßt ermessen welche Bedeutung die praktische und geistige
Solidarität hatte die Adorno und Benjamin voneinander erfuhren als sie in intellektueller
Isolierung lebten. Die in der akademischen Welt abhanden gekommene Gelehrtenrepublik lebte fort
in denen die aller akademischen Sekurität entbehren mußten und die darum aller der Sache
äußerlichen Konvention sich entschlagen durften. Den empirischen Niederschlag des Vorrangs der
Sache in der Person beschrieb Adorno 1965: »In sich und seinem Verhältnis zu anderen setzte er
rückhaltlos den Primat des Geistes durch der anstelle von Unmittelbarkeit sein Unmittelbares
wurde.«