Geschichtstheorie und Normenlehre treten in der Perspektive praktischer Philosophie unerwartet
eng zusammen. Legt man einen philosophischen Handlungsbegriff zugrunde so lassen sich die
bisher getrennt gehaltenen Fragestellungen produktiv aufeinander beziehen. Die klassische
Geschichtsphilosophie mitsamt ihren Folgen in der methodisch orientierten Historie war so
überwiegend am Verstehen des Vergangenen interessiert daß sie das konstitutive Moment der
Kontingenz durch planmäßige Intellektualisierung aus dem Geschichtsverlauf vertrieb. Dagegen
vermag eine begriffliche Analyse der Handlungskontingenz an die Erzähltradition pragmatischer
Historiographie anzuknüpfen. Die heute viel umstrittene Geschichtstheorie bekommt so ein
Fundament das sich nicht auf die sekundäre Methodologie einer etablierten Wissenschaft
reduziert. Noch Hegel hatte sein Geschichtsverständnis auf praktische Philosophie gestützt
aber seine Kritiker mit der These herausgefordert daß der Prozeß der Weltgeschichte im
modernen Staat an sein Ziel gelangt sei. Die wachsende Skepsis gegenüber allem Historismus hat
seither dazu geführt daß die Normendebatte hauptsächlich um Rationalitätsmaßstäbe kreist die
der ideologischen Verherrlichung des Bestehenden ebenso wie der Beliebigkeit des Relativismus
entzogen sind. Will man sich hier nicht auf das beherrschende juristische Paradigma allein
verlassen müssen andere Wege eingeschlagen werden. Es zeigt sich daß das Konzept der Maximen
und der darauf aufgebauten Lebensformen des Ethos zwischen der Idealvorstellung einer reinen
Vernunftordnung und dem historischen Wandel auf der praktischen Ebene schlüssig vermitteln.