Trotz aller Versuche die Moderne durch modernere Begriffe (etwa Postmoderne oder Zweite
Moderne) zu überholen bleibt sie als problematisches »Projekt« der Selbstdeutung von Gegenwart
in der Debatte. In der Soziologie hat seit über hundert Jahren vor allem das Konzept
funktionaler Differenzierung als Chiffre für die Identität der modernen Gesellschaft fungiert.
Dabei blieb vielfach unberücksichtigt daß die Moderne auch eigentümliche Formen neuer
»segmentärer« Differenzierungen und mit ihnen verknüpfte »partizipative« Identitäten
konstruierte deren signifikantestes Beispiel sicherlich die »Nation« ist. Die moderne
Gesellschaft bleibt aber auch abhängig von persönlichen Identitäten die hinlänglich viel
Selbstkontrolle aufbringen können um mit dem ständigen Wechsel zwischen den einzelnen
Wertsphären Subsystemen oder sozialen Kreisen zurechtzukommen. Bestand diese Problematik in
Europa schon seit vielen Jahrhunderten so verschärft sie sich aktuell durch die Allgegenwart
von neuen Medien globalen Mobilitätsschüben und dem Entstehen - bei gleichzeitigem
Obsoletwerden - neuer ethnischer und religiöser Identifikationsmöglichkeiten.