Thomas Bernhards erste literarische Veröffentlichung überhaupt war ein Gedicht. Am 22. April
1952 erschien im Münchner Merkur Mein Weltenstück. Die ersten drei Bücher Bernhards (Auf der
Erde und in der Hölle In hora mortis Unter dem Eisen des Mondes) waren Gedichtbände. Danach
schrieb Thomas Bernhard nur noch Prosa und Dramen. Erst 1981 gab er mit Ave Vergil einen Ende
der fünfziger Jahre zusammengestellten Gedichtzyklus zum Druck frei und wünschte sich
schließlich zwei Jahre vor seinem Tod eine Neuausgabe von In hora mortis. Läßt sich aus dieser
Schreibgeschichte folgern daß Thomas Bernhards Lyrik eine Sackgasse war wie eines der
gängigen Urteile der Forschung lautet? Neben der Präsentation sämtlicher Gedichte Thomas
Bernhards wird in dem vorliegenden Band auch die besondere Produktionsweise dieses Autors
dokumentiert: Einzelne Gedichte werden zu Verszeilen in anderen Gedichten ganze Gedichte
finden in veränderter oder unveränderter Form Eingang in Gedichtzyklen. Anders formuliert: In
den fünfziger Jahren werden die Gedichte ständig umformuliert ein Vorgang der in den
achtziger Jahren dazu führt daß der erste Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle
vollständig durchgearbeitet wird. Die »neue Version« wird in diesem Band zum ersten Mal
gedruckt - ebenso wie eine Fassung des Frost-Gedichtzyklus.