In seinem letzten Typoskript verarbeitete Max Frisch auf sehr persönliche Art und in einer für
ihn typischen literarischen Form jenen Skandal der die Schweiz 1989 1990 erschütterte: Fast
eine Million Einwohner war während des Kalten Krieges vom schweizerischen Staatsschutz
observiert worden. Auf individuell angelegten Karteikarten oder Fichen hatte die
Bundesanwaltschaft eine eigene Verdachtschronik produziert deren grotesk banaler Charakter den
Skandal nur verstärkte. Frischs Arbeit an der eigenen Akte fand 1990 statt im Vorfeld der
umstrittenen 700 Jahrfeier der Eidgenossenschaft statt. Fast ein halbes Jahrhundert nach
Stiller sah sich Frisch gezwungen die Frage nach dem Verhältnis von Lebensgeschichten und
Identität nochmals aufzunehmen. Er rückte dem Strandgut des analogen Überwachungsapparates mit
Schere Tacker und Schreibmaschine auf den Leib. Die dabei entstandene Collage ist die
erschütternde Abrechnung mit der Ignoranz nicht nur des Staatsschutzes. Und damit erweist sie
sich als eminnent aktuell. Sie wird hier zum ersten Mal veröffentlicht.