»Was ist dieses Buch?« fragt sich der Autor zu Beginn augenzwinkernd selbst. Textpatience
Bericht Vorwort zu einem Roman oder der Roman selbst? Bald stoisch bald engagiert bis
enragiert kritisch gibt er die Antwort folgt dem Bogen reicher Erfahrung mit nazistischer
kommunistischer reformkommunistischer nachwendezeitlicher und orbánistischer Herrschaft in
Ungarn und den Verwerfungen Europas in dieser seiner Zeit. Erzählerische Sequenzen und
historische Diagnosen wechseln mit Meditationen und Maximen. Im Zentrum von Konráds
»Nachsinnen« aber stehen die Porträts einzelner Menschen und ihrer Handlungen. Als ein Zug
positiver wie negativer Hauptfiguren erscheinen sie uns im »Gästebuch« seines Lebens: Es sind
die maßgeblichen Politiker der wechselnden Herrschafts- und Unterdrückungssysteme ebenso wie
die kleinen Handlanger mit ihren windig-flüchtigen Loyalitäten. Schriftstellerkollegen deren
Autonomie den Autor Konrád beeindruckte und solche die sich an die Macht verrieten. Aktuelle
und ehemalige Geliebte. Und immer wieder die Familie die in der Shoah ermordeten jüdischen
Freunde und Verwandten denen das »Gästebuch« ein eindrucksvolles Denkmal setzt. György Konrád
der Dissident und unerschrockene Bebachter vielfach ausgezeichnet und geehrt ist nicht nur
einer der großen Chronisten sondern auch Stilisten unserer Zeit. Mit seiner narrativen
Vitalität hält sein »Gästebuch« inmitten aller Schrecken auch der Gegenwart Kurs auf die
Ideale Freiheit Autonomie Eigensinn und Selbstvertrauen.