Umwege sind die direktesten Wege zum Zentrum. Das neue Werk von Peter Sloterdijk ist ein Beleg
für diese These: Außerhalb der Aktualität angesiedelt handelt Theopoesie auf den ersten Blick
betrachtet von den in der Bibliothek der Menschheit gespeicherten Versuchen Gott oder die
Götter zum Sprechen zu bringen: entweder reden sie unmittelbar selbst oder sie werden von den
Dichtern mittelbar in ihrem Tun und Denken wiedergegeben. Damit ist für Sloterdijk die Einsicht
unausweichlich: Religionen berufen sich in ihren theopoetischen Gründungsdokumenten auf mehr
oder weniger elaborierte literarische Verfahren auch wenn die begleitende Dogmatik dazu dient
diese Tatsache vergessen zu machen. Religionen sind »literarische Produkte mit deren Hilfe die
Autoren um Klienten auf dem engen Markt der Aufmerksamkeit von Gebildeten konkurrieren«. Ein
Studium der poetischen Stilmittel deren sich die Religionen in ihren Narrativen bedienen
erfordert eine Neubewertung der Religionen die die Karl Marx'schen Thesen hinter sich lässt.
Elemente einer Kritik literarischer Darstellungsformen als Kritik dogmatischer wie
theologischer Dokumente im Durchgang durch die Geschichte trägt Sloterdijk also mit seiner
stupenden Belesenheit zusammen - und gelangt so in den Glutkern der Gegenwart in der Narrative
oder Fakten und alternative Fakten einander bekämpfen.