Mädchen ohne Kleider Kleider ohne Leute Ob aus Luft - auch in ihren neuen so
liedhaften wie erzählerischen Gedichtzyklen macht sich Maria Stepanova an die »Reparatur des
Lebens«. Auslöser können Zufallsfunde sein: etwa das Foto von einer jungen Namenlosen nackt
auf einer Chaiselongue dem Auge des Freiers ausgesetzt wie das Wild im Visier des Jägers. Den
existentiellen Impuls Frauen dem pornographischen Blick zu entziehen und sie zu retten indem
sie ihre Schutzlosigkeit in Poesie bannt spürt man in jeder Zeile. Sie setzt ihre ganze Kunst
dafür ein die Erschütterung in luzide unpathetische Verse zu bringen. Immer sind
irgendwo Mädchen ohne Kleider. Immer ist da etwas das an ihnen frisst. Immer ist da
etwas das von ihnen bleibt. Immer ist da etwas für immer vorbei. Nie mehr wird sie den
Holztrottoir betreten In der Hand den zitronengelb welken Schirm Wie ein Sonnenrad
das sich dreht Die Straßenfrau bei der Arbeit am Sex der anderen Dies ist das einzige
Foto von ihr. Darauf zu sehen: rund wie die Sonne ihr Hintern.