Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist eine These über den Ort großer Dichtung: er liegt am
Schnittpunkt kulturell definierter künstlerischer Ziele und eines psychologischen Realismus
der das zeitlose unveränderliche Unbewußte widerspiegelt. Dem naheliegenden Einwand fiktive
Personen und antike Dichter könnten gar nicht einer psychoanalytischen Traumdeutung unterzogen
werden begegnet Devereux mit seinem radikalen textkritischen Vorgehen: die
Überlieferungsgeschichte der Texte ist selbst eine psychologisch darstellbare Geschichte von
Fehlleistungen und Verdrängungen zur Überprüfung der Kriterien für die Traumauthentizität
(Realismus) gehört folglich nicht nur die inhaltliche Interpretation der Träume sondern auch
und gerade die Geschichte der Textüberlieferung und die der philologischen und
literaturwissenschaftlichen Kontroversen. »Analysand« ist nicht der fiktive Träumer oder der
Dichter sondern der Text selbst folglich handelt es sich bei dem Buch auch nicht um eine
Psychoanalyse sondern um eine auf Konstruktion beruhende »Quasi-Psychoanalyse«. Die Elemente
und Werkzeuge dieser Konstruktion stammen aus drei Disziplinen die normalerweise streng
getrennt gehalten werden: Altphilologie inhaltlich orientierte Literaturwissenschaft und
Psychoanalyse. Auf der Grundlage einer engen Zusammenarbeit mit führenden Gräzisten einer
ausführlichen Berücksichtigung der umfassenden Literatur aus den drei Disziplinen sowie unter
Rückgriff auf seine reiche Erfahrung als Ethnologe und Psychoanalytiker erreicht Devereux ein
Ziel das meist Postulat zu bleiben pflegt: eine interdisziplinäre Gesamtsicht.