Die Theorie der Gerechtigkeit gehört zu den am intensivsten bestellten Feldern der
zeitgenössischen Philosophie. Allerdings haben die meisten Gerechtigkeitstheorien ihr hohes
Begründungsniveau nur um den Preis eines schweren Defizits erreicht denn mit ihrer Fixierung
auf rein normative abstrakte Prinzipien geraten sie in beträchtliche Distanz zu jener Sphäre
die ihr »Anwendungsbereich« ist: der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Axel Honneth schlägt
einen anderen Weg ein und gewinnt die heute maßgeblichen Kriterien sozialer Gerechtigkeit
direkt aus jenen normativen Ansprüchen die sich innerhalb der westlichen
liberaldemokratischen Gesellschaften herausgebildet haben. Zusammen machen sie das aus was er
»demokratische Sittlichkeit« nennt: ein System nicht nur rechtlich verankerter sondern auch
institutionell eingespielter Handlungsnormen die moralische Legitimität besitzen. Zur
Begründung dieses weitreichenden Unterfangens weist Honneth zunächst nach daß alle
wesentlichen Handlungssphären westlicher Gesellschaften ein Merkmal teilen: Sie haben den
Anspruch einen jeweils besonderen Aspekt von individueller Freiheit zu verwirklichen. Im
Geiste von Hegels Rechtsphilosophie und unter anerkennungstheoretischen Vorzeichen zeigt das
zentrale Kapitel wie in konkreten gesellschaftlichen Bereichen - in persönlichen Beziehungen
im marktvermittelten Wirtschaftshandeln und in der politischen Öffentlichkeit - die Prinzipien
individueller Freiheit generiert werden die die Richtschnur für Gerechtigkeit bilden. Das Ziel
des Buches ist ein höchst anspruchsvolles: die Gerechtigkeitstheorie als Gesellschaftsanalyse
neu zu begründen.