Was heißt es daß wir heute in einem säkularen Zeitalter leben? Was ist geschehen zwischen 1500
- als Gott noch seinen festen Platz im naturwissenschaftlichen Kosmos im gesellschaftlichen
Gefüge und im Alltag der Menschen hatte - und heute da der Glaube an Gott jedenfalls in der
westlichen Welt nur noch eine Option unter vielen ist? Um diesen Wandel zu bestimmen und in
seinen Folgen für die gegenwärtige Gesellschaft auszuloten muß die große Geschichte der
Säkularisierung in der nordatlantischen Welt von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart
erzählt werden - ein herkulisches Unterfangen dem sich der kanadische Philosoph Charles Taylor
in seinem mit Spannung erwarteten neuen Buch stellt. Mit einem Fokus auf dem »lateinischen
Christentum« dem vorherrschenden Glauben in Europa rekonstruiert er in geradezu
verschwenderischem Detail die entscheidenden Entwicklungslinien in den Naturwissenschaften der
Philosophie der Staats- und Rechtstheorie und in den Künsten. Dem berühmten Diktum von der
wissenschaftlich-technischen »Entzauberung der Welt« und anderen eingeschliffenen
Säkularisierungstheorien setzt er die These entgegen daß es die Religion selbst war die das
Säkulare hervorgebracht hat und entfaltet eine komplexe Mentalitätsgeschichte des modernen
Subjekts das heute im Niemandsland zwischen Glauben und Atheismus gefangen ist.