Seit den 1990er Jahren gewinnt eine neue Wissenschaft des menschlichen Verhaltens ungeheuer an
Dynamik: die kognitive Neurowissenschaft. Ihr Ziel ist die Erforschung des Gehirns um geistige
Pathologien wie Depressionen oder Schizophrenie zu behandeln aber auch das Lernen oder die
Kontrolle von Emotionen zu verbessern. In seinem faszinierenden Buch geht Alain Ehrenberg der
Frage nach ob diese Wissenschaft das »neue Barometer« unseres Verhaltens und Lebens geworden
ist. Hat sie den Platz eingenommen den früher die Psychoanalyse innehatte? Ersetzt der
»neuronale« Mensch nun den »sozialen« Menschen? Ehrenberg zeigt dass die kognitive
Neurowissenschaft und die mit ihr verbundene Verhaltensökonomie ihre wachsende Autorität nicht
nur aus ihren wissenschaftlichen Ergebnissen sondern auch aus der Einschreibung in ein
wichtiges soziales Ideal bezieht: das eines Individuums das seine Unzulänglichkeiten durch
Nutzung seines »verborgenen Potentials« in verwertbare Vermögen umzuwandeln vermag. Diese neue
Wissenschaft vom Verhalten ist für Ehrenberg daher die Echokammer unserer zeitgenössischen
Ideale der Autonomie.