Die Reformatoren antworteten auf den Bauernkrieg und die Täuferbewegung indem sie den Primat
der Heiligen Schrift (sola scriptura) an ein herrschaftliches Prinzip zurückbanden. Als die
Ernennung der Bibel zur alleinigen Richtschnur die gegebene Ordnung zu sprengen drohte wurde
ihre Auslegung erneut einem Milieu professioneller Prediger unterstellt. Diese
post-reformatorische Kultur der religiösen Wissensvermittlung stellt jedoch etwas genuin Neues
dar. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin ist sie dynamisch und nicht statisch egalisierend und
nicht hierarchisch. Anders als die platonische Idee der Philosophenkonige enthält sie ein
Versprechen der Mobilitat: Wer die katechetisch vermittelten Glaubenslehren befolgt kann
selbst in den Predigerstand aufsteigen. Diese Kultur prägt unseren Moraldiskurs bis heute.