Paul Virilio ist der Analytiker der Geschwindigkeit und technischen Beschleunigung sowie der
daraus resultierenden Bedrohung der menschlichen Lebenswelt. Daß seine zivilisationskritischen
Analysen von einem moralisch-politischen Impetus getragen sind ist unverkennbar. Doch hat er
ihn nie zuvor so deutlich herausgestellt wie in diesem Essayband der wesentliche Motive seines
Denkens bündelt. Der Tyrannei der Allgegenwart durch neue Formen der Telekommunikation ist für
Virilio nur durch eine Ethik der Wahrnehmungsverweigerung beizukommen: durch das Recht auf
Blindheit dort wo die in Echtzeit übertragenen Bilder die letzten Winkel der Lebenswelt in
Beschlag nehmen durch das hartnäckige Bestehen auf Grundzügen leibgebundener menschlicher
Realität im Gegenzug zur angebotenen Flucht in virtuelle Realitäten aller Art von der
Cybercity bis zum Cybersex. Dem Virtuellen gilt es die Faszination zu nehmen die den Blick auf
seine jede sinnliche Erfahrungswelt zerstörenden Potentiale verstellt.