Hilberg der Doyen der Holocaustforscher zeigt in seinem letzten Buch an Beispielen wie er
Quellen entziffert sie interpretierend zum Sprechen bringt und in den historischen Kontext
einfügt. Auf diese Weise wird aus einem knappen immer in interessegeleiteten die wahren
Sachverhalte in Tarnsprache verhüllenden Stück Papier (Befehl Anordnung Anweisung Bericht
etc.) ein anschauliches Dokument dessen was der jeweilige Urheber eigentlich gemeint hat. Es
ist eben nicht so- wie gern behauptet wird - dass Dokumente für sich sprechen sondern sie
müssen durch geeignete Fragen und unter Anwendung geeigneter historiographischer Methoden zum
Sprechen gebracht werden. Für Hilberg sind die Quellen des Holocaust nichts anderes als normale
historische Quellen auch wenn spezifische Eigenheiten hinzukommen. - Ein schmales Buch in dem
freilich der Autor Kärrnerarbeit leistet. Es geht nicht nur um die Pflicht sich zu erinnern
sondern um die Notwendigkeit die Tatsachen zu begreifen die in ihrer Monströsität und durch
die spezifische Art der archivalischen und mündlichen Überlieferung nicht selten bis zur
Unkenntlichkeit verschleiert sind. Raul Hilberg geboren 1926 in Wien musste 1939 vor den
Nazis über Kuba in die USA fliehen. Er studierte u.a. bei Franz Neumann (Behemoth Bd. 4306)
und gehörte zu den ersten Wissenschaftlern die mit den in die USA überführten deutschen Akten
aus der Zeit des Nationalsozialismus arbeiten durften. Hilberg lehrte bis zu seiner
Emeritierung 1991 Politikwissenschaften an der Universität Burlington Vermont und ist am
4.8.2007 verstorben. Mit seinem grundlegenden Werk Die Vernichtung der europäischen Juden (3
Bde. ab 1989 im Fischer Taschenbuch Verlag Bd. 24417) das in viele Sprachen übersetzt wurde
ist Hilberg weltbekannt geworden. 1992 erschien Täter Opfer Zuschauer. Die Vernichtung der
Juden 1939-1945 (Bd. 13216) und 1994 Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forschers
(Bd. 18004). - Hilberg ist vielfach ausgezeichnet worden u. a. mit dem Premio Acqui Storia
(1996) Premio Viareggio (1997) Marion Samuel Preis der Stiftung Erinnerung (erstmalig
vergeben 1999) Geschwister-Scholl-Preis (2002) und dem Großen Bundesverdienstkreuz (2002)
Ehrendoktor der Universität Wien Unsere Adresse im Internet: www.fischerverlage.de
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