Anfang 1822 arbeitete Hoffmann an dem Märchenroman Meister Floh Mitte Januar nahm der
preußische Innen- und Polizeiminister von Schuckmann die Ermittlungen gegen Autor und Werk auf.
Das Dienstenthebungsverfahren richtete sich gegen einige Passagen des Buches mit denen die
zentralen Anklagepunkte begründet wurden: Verletzung der Sr. Majestät und seinen Vorgesetzten
schuldigen Treue und Ehrfurcht gebrochene AmtsVerschwiegenheit und öffentliche grobe
Verläumdung eines StaatsBeamten (des Polizeidirektors von Kamptz). Meister Floh wurde in
Frankfurt (dem Druckort) beschlagnahmt und Hoffmann der seit Wochen erkrankt war am 22.
Februar offiziell vernommen. Seine dem Protokoll beigefügte Erklärung ist einer der wichtigsten
poetologisch-literarischen Texte Hoffmanns ein eindrucksvolles Bekenntnis zur Freiheit und zur
Macht der Kunst. Der Roman konnte im April erscheinen allerdings mit erheblichen
Zensurstrichen. Das dienstliche Verfahren gegen Hoffmann wurde erst nach seinem Tod
eingestellt.Im Laufe des Frühjahrs verschlimmerte sich Hoffmanns Krankheit ständig die
Rückenmarksdarre (tabes dorsalis) führte zu rasch fortschreitenden Lähmungen so daß er in den
letzten Lebensmonaten nur noch diktieren konnte. Trotz dieser Belastungen entstanden innerhalb
weniger Wochen drei Erzählungen: Des Vetters Eckfenster Meister Johannes Wacht und Die
Genesung. Während der Arbeit an einer weiteren Erzählung Der Feind starb Hoffmann am 25. Juni
1822. Weitere Werke fanden sich in seinem Nachlaß nicht der geplante dritte Band des Kater
Murr wurde offenbar ebensowenig begonnen wie der Roman Timotheus Schnellpfeffers Flitterwochen
vor der Hochzeit.Außer der Dokumentation seines Werkes in seinem letzten Lebens(halb)jahr hat
der diese Gesamtausgabe abschließende Band eine weitere Funktion. ähnlich wie der Eingangsband
für die Jahre 1794-1813 erfaßt er für die Jahre 1814-1822 die Briefe und Tagebücher Hoffmanns.
Schließlich enthält der Band auch - erstmals im Rahmen einer Werkausgabe - die juristischen
Schriften des Kammergerichtsrates. Sie dokumentieren seine Arbeit als Strafrichter und vor
allem als Mitglied der Königlichen Immediat-Untersuchungs-Kommission zur Ermittlung
hochverräterischer Verbindungen und anderer gefährlicher Umtriebe. Hoffmanns rechtsstaatliches
Denken und energischer Einsatz für die Angeklagten und gegen die restriktiven und willkürlichen
Maßnahmen des Polizeidirektors und des Innenministers führten zu scharfen Auseinandersetzungen
die Hoffmann in Meister Floh mit anderen - schriftstellerischen - Mitteln fortsetzte. So wird
dieser Märchenroman erstmals editorisch in den Kontext von Hoffmanns juristischer Tagesarbeit
gestellt. Dadurch wird in besonderer Weise das Ineinandergreifen von beruflicher und
literarischer Tätigkeit deutlich das in Meister Floh zu einem der größten Zensurskandale des
frühen 19. Jahrhunderts in Deutschland führte. Es wird auch deutlich warum die konservativen
Kräfte den Staat in Gefahr sahen: Der satirische Angriff kam nicht von einem Revolutionär
Wirrkopf oder Journalisten sondern von einem hohen angesehenen Juristen (der seit Ende 1821
im Oberappellationssenat des Kammergerichts saß) und er erfolgte nicht in juristischer oder
wissenschaftlicher Diktion sondern in Form unterhaltsamen Erzählens durch einen vielgelesenen
und anerkannten Künstler.