In den Jahren zwischen der Jungtürkischen Revolution 1908 und dem Ausbruch des Ersten
Weltkrieges erlebte die osmanische Presse in Istanbul eine rege Beteiligung rußlandmuslimischer
Autoren. In ihren Beiträgen zeichneten sie ein dramatisches Bild von der Lage der Muslime im
Zarenreich als einer unterdrückten Minderheit: Eine jahrhundertealte Russifizierungs- und
Christianisierungspolitik schien auf eine völlige Verdrängung des türkischen Islams aus
Eurasien hinzuarbeiten. Im Namen der Religion sowie einer gemeinsamen türkischen Herkunft
forderten sie von den Osmanen ein solidarisches Verhalten. Bewußt unterstützten sie dabei den
Prozeß der spätosmanischen Bewußtseinswerdung von der eigenen türkischen Identität. Diese
Studie versucht durch die Analyse osmanischer sowie rußlandtürkischer Periodika den sich vor
1914 entwickelnden turksprachigen Presse- und Kommunikationsraum zu rekonstruieren sowie Wesen
und Funktion des osmanischen Entdeckens der islamischen und türkischen Welt in Rußland und
Zentralasien aufzudecken.