Zwischen dem Untergang des römischen Reichs und dem Auftreten der ersten Häresien zu Beginn des
11. Jahrhunderts soll so eine weit verbreitete These die Verfolgung religiöser Delikte keine
nennenswerte Rolle gespielt haben. Die aus dieser Zeit überlieferten Vorschriften gegen
heidnische und magische Praktiken wurden in der Forschung entweder als leere Tradition
interpretiert oder als Quellen für die Erforschung der Volkskultur herangezogen. Die Autorin
untersucht inwieweit die spätantiken Rechtsnormen und die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien
in frühmittelalterliches kirchliches und weltliches Recht aber auch in die Briefliteratur die
Hagiographie und erzählende Quellen sowie Bußbücher eingingen. Die Untersuchung der Texte zeigt
dass die Vernichtung des Heidentums und die Unterbindung von Sakrilegien nicht als eine Sache
der Seelsorge angesehen sondern in erster Linie als Aufgabe der Herrscher definiert wurde. Die
Theoretiker des Übergangs zwischen Spätantike und Mittelalter vermittelten den neuen Mächten
auf dem Boden des untergegangenen römischen Reichs diese fundamentale Überzeugung des römischen
Kaiserrechts.