Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts finden wir in Deutschland und Österreich zahlreiche
katholische Priester als aktive Parlamentarier in Parteien und Parlamenten. Nicht nur in der
Zeit des Kulturkampfes sind sie dort für die christlichen Werte ebenso mit Nachdruck
eingetreten wie ihre evangelischen Amtsbrüder die sich bis heute eine Teilhabe am politischen
Diskurs als Parlamentarier bewahrt haben. Katholische Priester fehlen indes in den Bundes- und
Länderparlamenten - mit einer Ausnahme im Hessischen Landtag - in Deutschland und Österreich
heute vollständig. Worin liegt diese katholische Abstinenz begründet? Der Autor geht dieser
Frage nach und untersucht einschlägige Regelungen des Staatskirchenrechts - mit der Zentralnorm
des Art. 32 Reichskonkordat - und des katholischen und evangelischen Kirchenrechtes und stellt
die Normen in den jeweiligen Staaten- und verfassungsgeschichtlichen Kontext. Interessant ist
dabei die unterschiedliche Art der Regelung der Thematik in den beiden großen christlichen
Kirchen die von Beurlaubung des Pfarrers als Mandatsträger bis hin zum ausdrücklichen Verbot
der Übernahme eines öffentlichen Amtes und Mandates reicht.