Lyrische Texte haben von vornherein ein besonderes Verhältnis zum Jenseits denn sie stellen im
allgemeinen eine Erlebnissituation als zeitenthoben dar. Darüber hinaus können sie wie alle
anderen literarischen Gattungen Jenseitsvorstellungen explizit thematisieren. Das Ergebnis
reicht von der Gefahr gattungstypologischer Tautologie bis zur Möglichkeit der Potenzierung. Im
Laufe der Poesiegeschichte wandeln sich die Jenseitsvorstellungen französischer Lyriker vom
christlichen Weltbild des Mittelalters mit einem insgesamt klaren Gottesbild und der
Rückbesinnung auf den Platonischen Ideenhimmel über den beklagten Verlust der Einheit (Nerval)
die Abwesenheit Gottes (Vigny Madame Ackermann) den Himmel der Betrogenen bei Baudelaire
Mallarmés idealen Garten Rimbauds wiedergefundene natürliche Ewigkeit bis zur existentiellen
Erfahrung negativer Theologie (Bonnefoy) und den das Dingliche favorisierenden Epiphanien der
Gegenwart.