Diese Arbeit befasst sich mit der im europäischen und deutschen Kartellrecht intensiv
diskutierten Streuschadensproblematik. Untersucht wird die Integrier- und Umsetzbarkeit der
rechtspolitischen Initiativen der ehemaligen Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes zum
kollektiven Rechtsschutz im Kartellrecht. Die Analyse der rechtspolitischen Position der
Kommission gelangt zu dem Ergebnis dass die Kommission das Jedermann-Postulat zum
kartellrechtlichen Schadensersatz fälschlicherweise auf echte Streuschäden anwendet. Nach der
Analyse des deutschen Rechtszustandes ist als Ergebnis festzuhalten dass eine Verbandsklage
auf Schadensersatz in Deutschland grundsätzlich einführbar ist. Jedoch kann wegen der
erheblichen Friktionen mit dem behördlichen Public Enforcement nicht von einer Steigerung der
Kartellrechtsdurchsetzung ausgegangen werden. Eine Gruppenklage nach dem Opt-out Prinzip ist
hingegen schon gar nicht erst umsetzbar da weitreichende und grundsätzliche Änderungen u. a.
desKostenrechts erforderlich wären. Dennoch wird ein konkreter Maßnahmenvorschlag erarbeitet
der die Vorgaben der Kommission zu berücksichtigen versucht ohne von hergebrachten und
bewährten Grundsätzen des deutschen Rechts abzuweichen. Insgesamt ist aber die klassische
Arbeitsteilung beizubehalten und eine Verstärkung der privaten Rechtsdurchsetzung durch
Mechanismen des kollektiven Rechtsschutzes abzulehnen. Aus rechtspolitischer Sicht ist insofern
eine konstruktive deutsche Beteiligung am Entstehungsprozess einer möglichen Richtlinie zum
kollektiven Rechtsschutz erforderlich um auf eine interessengerechte Lösung hinzuwirken.