Das Phänomen Weimar zwischen den beiden Weltkriegen wird in der Kulturgeschichte gelegentlich
als ehernes Zeitalter bezeichnet - nach dem goldenen der Weimarer Klassik Goethes und Schillers
und dem silbernen mit dem Wirken Franz Liszts zwischen 1847 und 1861 am dortigen Hoftheater.
Ohne Zweifel ist diese dritte Weimarer Epoche die facettenreichste und eine unter objektiv
wissenschaftlichen Gesichtspunkten schwierig zu erfassende und zu deutende Zeitspanne. Im
allgemeinen historischen Bewusstsein lebt sie immer noch von der Mythenbildung der sogenannten
Goldenen Zwanziger Jahre des rasanten wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs nach dem
Ersten Weltkrieg bei gleichzeitiger politischer Instabilität und dem Taktieren
unterschiedlicher politischer Kräfte. Der Band hervorgegangen aus einem interdisziplinären
internationalen Symposion an der Mannheimer Musikhochschule will einige bisher weniger
behandelte Felder der Epoche aufarbeiten und nach neuen Darstellungs- undDeutungsweisen suchen.
Dazu zählen Fragen nach der Zentrenbildung des Weimarer Ideenguts in Deutschland nach den
Zusammenhängen von Stilwandlungen der Kunst und Generationenkonflikten dem Einwirken politisch
motivierter oder ideologisch infiltrierter Vorgaben auf Literatur bildende Kunst und Musik
nach den Auswirkungen auf wirtschaftliche und kulturelle Interessenlagen auch aus der
lokalgeschichtlichen Perspektive Mannheims und der hiesigen Metropolregion und nicht zuletzt
nach dem europäischen Kontext und nach Parallelitäten in unserer Zeit. So entsteht ein buntes
bei allen Brüchen und Widersprüchen doch in sich stimmiges Bild jener Zeit die mit der
endgültigen Machtübernahme der Nationalsozialisten ihr Ende fand.