1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb in Zürich die Philosophin und
Schriftstellerin Margarete Susman Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes. Es ist
der Versuch angesichts der Shoah »in diesem Augenblick einer Weltkatastrophe« die Geschichte
des jüdischen Volkes aus dem Buch Hiob zu erklären seinem Hadern mit Gott seinem Fragen nach
Gerechtigkeit. ln einzelnen Abschnitten über den Ursprung die Schuld die Verfolgung den
Zionismus die Hoffnung deutet sie das Buch Hiob neu. Die überlieferte biblische Geschichte
erweist sich als unvermindert gegenwärtig. »Jude sein heißt sich entscheiden« heißt es am
Beginn lakonisch und im Fortgang entfaltet Margarete Susman Grenzen und Möglichkeiten einer
solchen Entscheidung. Margarete Susmans Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes
ist heute weithin vergessen. Ihr Beharren auf einer religiösen Substanz in Formen des
alltäglichen Zusammenlebens in der Dichtung wie Philosophie mutet fremd an. Doch es ist eine
Fremdheit mit der vertraut zu machen sich lohnt. Ihre Hiobdeutung die sie zuerst 1929 in
einem Aufsatz über Franz Kafka vorbrachte hat Martin Buber Walter Benjamin Gershom Scholem
und Paul Celan beeinflußt. »Es gibt« schreibt Margarete Susman »keine große Leistung des
Judentums im Exil bis in die späte Dichtung Kafkas hinein die den Prozeßpartner nicht mehr mit
Namen nennt die nicht im Kern eine Theodizee der Versuch einer Rechtfertigung Gottes vor
seinem Volk oder eine Rechtfertigung des Volkes vor Gott wäre. Die ganze große nachbiblische
Überlieferung kreist letztlich um diese Frage.«