Als ein Schwarzwalddorf ein podolisches Ghetto eine kleine Wiener Vorstadt ein Stück
tiefstes Rußland und ein Stück modernstes Amerika hat Karl Emil Franzos im vergangenen
Jahrhundert die Stadt Czernowitz charakterisiert und Vielfalt wie Widersprüchlichkeit in
Sprache und Kultur in Architektur Kunst und Literatur in Tradition und Neuerung hat die
Vielvölkerstadt in der Bukowina dem Buchenland von jeher ausgezeichnet. Geographisch als
Grenzland der Hegemonie und dem Einfluß der polnischen russischen osmanischen Nachbarn
ausgesetzt wurde die Stadt im 18. Jahrhundert Teil des habsburgischen Reichs und mit den
neuen Herren kamen jüdische Siedler in die Stadt und ihre Umgebung. Sie stifteten in der
wechselvollen Stadtgeschichte Kontinuität und waren zugleich Protagonisten der Neuerung. Die
Sprache des jüdischen Mittelstandes war Deutsch und auf deutsch haben sie Bilder von
Czernowitz gezeichnet die der rumänische Germanist Andrei Corbea-Hoisie in diesem Band
versammelt.Ferdinand Zieglauer berichtet über »Lage und Schicksale der Juden in der Bukowina
vom Jahre 1776 bis zum Jahre 1785«. Mit Joseph Rohrer und Julius Barasch unternehmen wir eine
Reise ins Czernowitz am Ende des 18. Jahrhunderts. Leopold von Sacher-Masoch und Martin Buber
lassen die Welt der Chassidim wiedererstehen wie auch die Gegenwelt der Maskilim der
jüdischen Aufklärung zu Wort kommt. Hermann Sternberg zeichnet die Topographie der Stadt zur
Jahrhundertwende nach Texte von Arthur Kolnik und Itzik Manger zeugen von der Präsenz des
Jiddischen in Czernowitz. Edith Silbermann erinnert an Paul Celan und an das Czernowitz der
rumänischen Jahre lsak Weißglas erzählt von der Errichtung des Ghettos im Jahr 1941 und von
der furchtbaren Deportation der Juden aus Czernowitz der Zerstörung einer ganzen Lebenswelt.
Der heute in Czernowitz lebende jiddische Dichter Josef Burg hat den Text »Am Fenster« verfaßt.
Das Fenster zeigt auf das vergangene wie gegenwärtige Czernowitz das die begleitenden