Was geschieht in einer Grundschulinklusionsklasse beim Übergang zu den ersten benoteten
Klassenarbeiten? Was geschieht wenn Disziplin und Leistung als implizite kulturelle Codes von
Leistungsbeurteilung in den Alltag von Zweitklässlern eintreten? Annette Hess beschreibt die
Beobachtungen einer Unterrichtsteilnahme im Schuljahr 2015 2016 und analysiert sie in
subjektivierungstheoretischer Perspektive. Empirische Beispiele zeigen die subjektiven und
situationsspezifischen Faktoren auf die den Schwierigkeitsgrad von Klassenarbeiten und die
Notengebung bestimmen. Die Studie gewährt Einblicke in Prozesse in deren Verlauf die
Schüler*innen beginnen das hierarchisierende Notensystem in der Realität ihrer sozialen
Beziehungen hervorzubringen. Situationsbeschreibungen geben Aufschluss über die schwierige
paradoxe Situation der Lehrkräfte zwischen Inklusion und rangordnender Leistungsbeurteilung.
Eine Genealogie heutiger schulischer Leistungsbeurteilung im Anschluss an Überwachen und
Strafen (Foucault 1976) verlegt deren kulturhistorische Wurzeln in ein Disziplinensystem des
frühen europäischen Bürgertums.