Das Genie als etwas Gebärendes Lebens-Verantwortendes - und damit Mütterliches? Auf dieser
Grundlage wirft die Studie einen neuen Blick auf die Geniefigur in der deutschsprachigen
Literatur von 1750-1950. Den Ausgangspunkt bildet eine Überlegung von Julia Kristeva die um
2000 mit Das weibliche Genie dem tradierten Männlichkeitsparadigma vom Genie eine andere
Sichtweise zur Seite stellt: Das weibliche Genie ist in seiner Verkörperung als Frau und Mutter
dazu fähig das menschliche Subjekt substanziell zu beeinflussen ja zu verändern. Genie wurde
bisher nicht als Ausdrucksträger einer absoluten Subjektivität gesehen und man hat lange die
geschlechtsspezifische Immanenz des Geniebegriffs unterschätzt. Die Untersuchung versucht diese
Forschungslücken anhand der Analyse von 20 ausgewählten Kanontexten aus der deutschsprachigen
Erzähl- und Dramenliteratur zu schließen. Darunter sind Texte die für die Geniethematik bis
heute maßgeblich sind wie Goethes Faust I E. T. A. Hoffmanns Kater Murr Nietzsches
Zarathustra Musils Mann ohne Eigenschaften oder Th. Manns Doktor Faustus aber auch Texte die
bislang nicht mit Genie verbunden worden sind wie Klopstocks Messias Jean Pauls
Schulmeisterlein Wutz Bonaventuras Nachtwachen Jahnns Fluß ohne Ufer oder Max Frischs Homo
faber.