Ein Blick in die aktuellen Spielpläne der Theater der Gegenwart offenbart ein offenes und
hetero-genes Feld an Textformen und Inszenierungsweisen. Klassische Dramen und traditionelle
Insze-nierungen finden sich neben postdramatischen Arbeiten und der Ästhetik der Neudramatik.
Das Postdramatische Theater und ebensolche Texte etwa von Elfriede Jelinek Peter Handke oder
René Pollesch stehen dabei im Kontext ihrer Aufkündigung mit dem Dreigestirn von Drama
Handlung und Nachahmung wie Hans-Thies Lehmann es in seiner Monografie Postdramatisches
Theater beschreibt. Dies führt zu einer Entpersonalisierung der Figuren zu einer
Monologisierung der Dialogstruktur zu einem Bruch mit dem Anspruch auf kausal-logische
Wiedergabe eines 'Geschehens'. Doch die an der aristotelischen Poetik und dem Drama des 18.
Jahrhunderts ausgerichtete Methode der Dramenanalyse kann (aktuelle) Theatertexte die ohne
Handlung und Figuren auskommen nicht oder nur ex negativo erfassen. Kerstin Mertenskötter
entwickelt eigene erweiterte und revidierte literaturwissenschaftliche Analysebegriffe. Die
Methode der Theatertextanalyse ermöglicht es sowohl einen produktiven analytischen Zugang zu
post- und neudramatischen Theatertexten zu erlangen wie auch dramaturgische Verfahren in
Theatertexten des 18. und 19. Jahrhunderts zu entdecken.