Gegeneinander gelesen werden in den Tagebuchrealitäten von Alja Rachmanowas Milchfrau in
Ottakring und Lili Körbers Eine Frau erlebt den roten Alltag Konzeptionen von Wirklichkeit
sichtbar. Diese unterscheiden sich nicht nur voneinander sondern sind auch innerhalb eines
Werks auf verschiedenen Ebenen angesiedelt und werden mit unterschiedlichen Mitteln evoziert.
Die Österreicherin rührt mit ihrer Darstellung von Masse in der sowjetischen Traktorenfabrik
die Werbetrommel für den Fünfjahresplan. Dahingegen argumentiert die russische
Bestsellerautorin der 30er Jahre prowestlich indem sie detailgetreue Darstellungen von
Einzelschicksalen mit der kapitalistischen Warenwelt des Einzelhandels verknüpft. Diese
Untersuchung lädt dazu ein einen literaturwissenschaftlichen Blick hinter die Konstruktionen
zu werfen die Realitäten schaffen: nationalstaatlicher diaristischer und ökonomischer Natur.