1903 ereignet sich im damaligen russischen Kaiserreich ein Verbrechen an der jüdischen
Bevölkerung das als 'Massaker von Kischinjow' in die Geschichtsbücher einging und heute
weitgehend vergessen ist. In 'Als der Golem die Augen schloss' erinnert der auf Jiddisch
schreibende Boris Sandler an die 49 Toten und hunderten Opfer des Pogroms und ergründet die ihm
vorausgegangenen Hetzkampagnen und ihre nicht nur in Osteuropa bis heute spürbaren
Nachwirkungen. Sein historischer Roman zeugt aber nicht nur von antisemitischen Ressentiments
und Gewaltbereitschaft der Täter und Zuschauer sondern entwirft zugleich ein lebendiges und
unsentimentales Zeugnis vom einstigen Leben im Schtetl und dem multikulturellen Reichtum der
jüdischen Kultur- und Geistesgeschichte. 'Die Städte und Dörfer ruhten. Menschen und Tiere
hatten sich nach den Anstrengungen eines Tages endlich in einem Traum verloren lang wie die
Nacht und kurz wie das Leben. Selbst Gott schien nach seinen Mühen für die Welt einen Moment
ein Nickerchen zu machen ... Ein stiller unschuldiger Augenblick am Vorabend eines blutigen
Massakers.'