In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lange nach der Renaissance und während die
Industrialisierung ganze Gesellschaften umkrempelte wurde ausgerechnet die Antike für einige
Wissenschaftler noch einmal zum Schlüssel für das Verständnis der Gegenwart. Denn auf der Ebene
der Gesellschaftsentwicklung ließen sich - so die Vorstellung der Historischen Schule der
Nationalökonomie - kulturübergreifende Regelmäßigkeiten entdecken die auf die Existenz von im
Hintergrund wirkenden Gesetzen hindeuteten. Mit der Erkenntnis einer solchen allgemeinen
Gesellschaftsentwicklung hoffte man der gegenwärtigen Sozialpolitik die Richtung weisen und
die Geschichtsschreibung revolutionieren zu können. Die vorliegende Studie unternimmt einen
Streifzug durch die Frühgeschichte der deutschen Gesellschaftsgeschichtsschreibung des
Altertums und beginnt in einer Zeit in der die Idee das Verständnis der Vergangenheit auf die
Erforschung der damals herrschenden Gesellschaftsverhältnisse zu stützen selbst noch neu war
und entsprechend faszinierende Erkenntnisse versprach. Sie untersucht den Ursprung
sozioökonomischer Antikebetrachtungen im Umfeld der Historischen Schule der Nationalökonomie
und verfolgt das Herüberwachsen ihrer theoretisch-methodischen Vorstellungen in die Geschichts-
und Altertumswissenschaften. Schließlich zeichnet sie den Niedergang dieses von der
Historischen Schule inspirierten Forschungsprogramms nach der sich infolge der verschiedenen
Methodenstreitigkeiten der Sozial- Wirtschafts- und Geschichtswissenschaften unweigerlich
ergab. Von der Scharnierstelle einer Wissenschaftsgeschichte der Ökonomie der Geschichts-
sowie der Altertumswissenschaft aus werden in übergreifender Perspektive insbesondere auch die
Beiträge von Robert von Pöhlmann dem eine eigene Fallstudie gewidmet ist sowie des jungen Max
Weber in eine gemeinsame Tradition mit Roscher Hildebrand Knies Rodbertus und Lorenz von
Stein eingeordnet.