Henry George der bedeutende Bodenreform-Theoretiker wurde verschiedentlich als der letzte
große klassische Ökonom bezeichnet. Das Hauptwerk von Henry George war über Dekaden hinweg
eines der am meisten gelesenen Bücher. Die auf den Arbeiten von Henry George beruhende
Denkschule wird auch Geoklassik genannt. Ausgangspunkt seiner Untersuchungen war die
Fragestellung warum gerade in den sich entwickelnden Industriegesellschaften trotz eines
enormen Anstiegs der Produktivität die Armut überhandnahm. Henry George nahm dabei in vielerlei
Hinsicht die Ideen der französischen Physiokraten wieder auf ging allerdings gedanklich weit
über diese hinaus. Er betrachtete - ähnlich wie die Physiokraten - Boden (incl. Natur) und
Arbeit als die originären und Kapital lediglich als einen abgeleiteten Produktionsfaktor.
Damit steht das Werk von Henry George der neoklassischen Lehre diametral entgegen welche die
bis heute weitgehend bodenlose Wirtschaftswissenschaft prägt. Obwohl Henry George zwar das
Privateigentum an Grund und Boden grundsätzlich ablehnte wollte er es aus
politisch-pragmatischen Gründen nicht abschaffen. Stattdessen sollte es über die Wegsteuerung
der Bodenerträge entkernt werden. Zwar ist in Deutschland das Werk von Henry George weitgehend
in Vergessenheit geraten doch hat es v.a. in den angelsächsischen Ländern einen bleibenden
Eindruck hinterlassen. Darüber hinaus beinhaltet insbesondere die ökonomische Verfassung der
asiatischen Tigerstaaten geoklassische Elemente. Allen voran zu nennen sind Hong Kong und
Singapur die ihre Staatsfinanzen zu einem großen Teil aus der Abschöpfung der Erträge und
Werte des vornehmlich in staatlichem Eigentum liegenden Bodens bestreiten und im Gegenzug die
konventionellen Steuern minimiert haben. So konnten sich diese Standorte innerhalb weniger
Jahrzehnte von unbedeutenden Ansiedlungen zu Weltzentren von Handel und Finanzen entwickeln.
Diese Ausgabe von Fortschritt und Armut macht das Hauptwerk von Henry George nach vielen
Jahrzehnten erneut in deutscher Sprache zugänglich.