Keine Epoche war für unseren heutigen Blick auf den Backstein so prägend wie das 19.
Jahrhundert: Ab den 1820er-Jahren entfaltete sich eine bis ins frühe 20. Jahrhundert reichende
Architekturströmung des ziegelsichtigen Bauens die zeitgenössisch als 'Backstein-Rohbau'
bezeichnet wurde. Anders als der Name suggeriert waren die ziegelsichtigen Fassaden aus
technischer Sicht keineswegs ein rohes Abbild der inneren Konstruktion. Die besonderen
ästhetischen und bautechnischen Anforderungen die an die in der Außenschale eingesetzten
Backsteine gestellt wurden führten vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Industrialisierung
zur Erfindung eines neuen und bis heute verwendeten Ziegeltyps: des Verblendsteins.Dieser erste
Band der neuen Reihe Berichte zur Bauforschung und Konstruktionsgeschichte liefert eine
umfassende Darstellung des Sichtbacksteinbooms im deutschen Sprachraum des 19. Jahrhunderts.
Die in der Architektur dieser Epoche allgegenwärtige backsteinsichtige Fassadenausführung war
mit diversen herstellungstechnischen und konstruktiven Fragestellungen verbunden. Erst durch
den bautechnikgeschichtlichen Blick erschließt sich der Backstein-Rohbau als komplexes Phänomen
das nicht einfach als künstlerische Strömung verstanden werden kann sondern in ein dynamisches
Spannungsfeld aus ästhetischen Vorstellungen technischen Möglichkeiten und ökonomischen sowie
politischen Rahmenbedingungen eingebettet war.