Obgleich ihrer Bedeutung für das christliche Selbstverständnis wurde die Jerusalemer
Tempelzerstörung des Jahres 70. n. Chr. in der Malerei nur selten dargestellt. Im uvre des
bedeutenden französischen Barockmalers Nicolas Poussin finden sich gleich zwei Gemälde dieses
Themas: das 1625 26 entstandene und lange verschollene Gemälde sowie das 1635 gefertigte Werk.
Sie befinden sich heute im Israel Museum in Jerusalem bzw. im kunsthistorischen Museum in Wien.
Neben einer kunsthistorischen Analyse der beiden von Kardinal Francesco Barberini in Auftrag
gegebenen Gemälde der Jerusalemer Tempelzerstörung interessiert sich die Autorin auch für ihre
außerordentlich brisante Instrumentalisierung. So gingen die Gemälde als diplomatische
Geschenke des Heiligen Stuhls an Vertreter der beiden rivalisierenden katholischen Mächte
Frankreich und das Haus Habsburg.Angesichts des zunehmenden Autoritätsverlustes Papst Urbans
VIII. im Dreißigjährigen Krieg inszenieren Nicolas Poussins Gemälde wie auch Pietro da Cortonas
Deckenfresko der Göttlichen Vorsehung und Gianlorenzo Berninis Hochaltarziborium in St. Peter
die Barberini-Herrschaft. Die vorliegende Untersuchung widmet sich den vielschichtigen Gemälden
des berühmten Malers ebenso wie der bildlichen Gestaltung dieses das christlich-jüdische
Verhältnis über Jahrhunderte prägenden Ereignisses.