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Wenn hier von Inseln die Rede ist sind ziemlich kleine Parzellen festen Landes inmitten des
Meers gemeint mehr oder weniger schutzlos dem Anprall von Wind und Wellen ausgesetzt.
Mehrheitlich waren sie dank ihrer Isoliertheit in vergangenen Jahrhunderten von jenem Prozess
der Zivilisation' verschont geblieben der in den großen Städten der Nationalstaaten den
Fortschritt' vorantrieb. Die romantische' Vermutung auf diesen Inseln sei der ursprüngliche
Naturzustand' vom Anfang des Menschengeschlechts erhalten geblieben erwies sich jedoch als
Irrtum. Die Sehnsucht zivilisationsmüder Europäer und Amerikaner fixierte sich seit dem 18.
Jahrhundert auf die tropischen und subtropischen Inseln des Pazifik dank der Berichte von
Weltumseglern wie Louis Antoine de Bougainville oder James Cook: Zwischen Hawaii Tahiti und
Samoa herrschte so wurde es propagiert eine erotische Freizügigkeit eine Lebenslust die die
teilnehmenden' Seefahrer von ihrem Frondienst von der durch ihre Zivilisation verordneten
asketischen Triebverdrängung zu entlasten schien. Der Sand des Strandes unter den Füßen die
wehenden Kokospalmen über dem Kopf ein weiter Himmel ein ebenso weites Meer förderte
Regressionswünsche: Der Sprung zurück in ein archaisch einfaches Leben das Hinausfallen aus
der eigenen Geschichte und Kultur verhießen eine Art Wiedergeburt fern von der eigenen Welt.
Schiffbrüchige indes die in letzter Not eine Küste erreichten zum Beispiel Robinson Crusoe
mussten in der Wildnis der Insel zu überleben versuchen. Bisweilen erwies sich das Eiland als
Ödland (wie für Ariadne) oder lang ertragene Einsamkeit trieb die Gestrandeten in den
Wahnsinn. Das vorliegende Panorama widmet sich der erzählerischen Abbildung' wirklicher und
erfundener Inseln und Inselbewohner in der Literatur und im Film. Wer von Inseln spricht will
sich selten mit botanischen oder zoologischen Exkursen zufrieden geben sondern richtet den
Blick ausdrücklich auf ihre Bewohner - selbst wenn es nur ein einzelner Mensch ist und der
zufällig Robinson heißt. Welche Varianten der Existenz-Bedrohung und des Überlebens welche
Praktiken der Natur-Beherrschung erschließen die Insel-Erzählungen? Wie kommen die Bewohner auf
einem begrenzten und oft beengenden Areal untereinander und mit Fremden zu Recht? Gibt es
inseltypische' Konflikte und Handlungsverläufe? Spiegeln sich globale Entwicklungen im Kleinen
der Insel-Affären? Welche Ansichten von Gesichtern und Körpern welche Blicke auf die
Landschaft wählen Literatur und Film? Fundstücke': Der Begriff betont dass es nicht darauf
angekommen ist vollständig zu sein. Die Auswahl sammelt historische und aktuelle Zeugnisse:
Berichte Novellen und Romane sogenannte dokumentarische und Spielfilme. Diese Zeugnisse
schildern Inseln in jeglicher Tonart: realistisch oder surrealistisch
grüblerisch-philosophisch oder satirisch-polemisch subtil oder verstiegen nüchtern oder
enthusiastisch verspielt oder apokalyptisch. Überlegungen ethnologischer und
kulturgeographischer Forschung werden am Rande dennoch wissbegierig aufgegriffen. Die
indigenen Einwohner der Inseln kommen oft nur in der Übersetzung durch europäische oder
amerikanische Autoren zu Wort zwangsläufig da sich auf eine autochthone schriftliche
Überlieferung nicht zurückgreifen lässt und Selbstdarstellungen der Einheimischen nur
allmählich am Horizont sichtbar werden.
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