Ibn Taymiyya verfolgte das Projekt den Widerstreit von Vernunft und Offenbarung der das
islamische Denken seiner Zeit - und freilich weit darüber hinaus - zutiefst prägte einer
harmonischen Auflösung zuzuführen. Er weist in seiner grundsätzlichen Kritik der falsafa
(Philosophie) und des kalam (Theologie) deren Bestreben den vermeintlichen Widerspruch
zwischen Vernunft und Offenbarung durch eine Überordnung der Vernunft zu lösen entschieden
zurück indem er die Wurzeln des diesem Vorhaben zugrundeliegenden Begriffs der Vernunft in der
griechischen Philosophie aufsucht und einer gründlichen Kritik unterzieht. Statt dabei wie
oftmals unterstellt wird einem blinden Irrationalismus zu verfallen zeigt Ibn Taymiyya ganz
im Gegenteil den Mangel an Vernünftigkeit dieser vermeintlich überlegenen Rationalität auf und
schickt sich an einen erneuerten und erweiterten Begriff der Vernunft an deren Stelle zu
setzen. Und sein Bestreben ist schließlich auf den Nachweis gerichtet dass dieses Verständnis
von Vernunft mit der wahrhaften Offenbarung und den tiefsten Aspirationen des menschlichen
Lebens in harmonischem Einklang steht.