»Gibt es heute weniger Raum für ambivalente Gefühle weil wir uns permanent glücklich fühlen
wollen?« Wir leben in unsicheren Zeiten. Viele von uns fühlen sich überfordert bedroht und
machtlos Gefühle von Angst und Unsicherheit prägen unsere Wahrnehmung und unser Miteinander.
Kann die Melancholie uns helfen? Die renommierte niederländische Philosophin Joke J. Hermsen
sagt Ja: Denn melancholisch zu sein bezeichnet einen Zustand dem - trotz Verzweiflung und
Traurigkeit - immer auch etwas Schöpferisches und Hoffnungsvolles innewohnt. Warum fällt es uns
heute so schwer Vertrauen in bessere Zeiten zu haben? Anhand der Werke von Hannah Arendt
Ernst Bloch Lou Andreas-Salomé und vielen anderen beschreibt Hermsen eindrücklich den
Wendepunkt an dem der Mensch noch genug Kraft und Hoffnung hat seine Ängste und Zweifel zu
überwinden und eine neue Beziehung zu sich selbst und der Welt aufzubauen. Ein Plädoyer für die
Melancholie als hoffnungsvolle Kraft »Die Angst vor zukünftigen Verlusten wird unter anderem
von wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheiten und der Bedrohung durch die Klimakrise
Migration und Terroranschläge ausgelöst aber auch von einem viel unbestimmteren Gefühl das
mit Entfremdung Entwurzelung und einer allgemeinen Fatigue einhergeht. Die kapitalistische
Gesellschaft in der das Individuum für seinen Wohlstand und sein Glück selbst verantwortlich
ist fördert diese Unzufriedenheit garantiert diese doch den besten Absatzmarkt. Andere Werte
die für Engagement Solidarität oder Gemeinsinn sorgen könnten verfallen weil sie für den
Markt irrelevant sind. Was wir brauchen ist eine freie offene und pluralistische kulturelle
Gesellschaft die dafür sorgt dass Menschen nicht in ihrer Melancholie versinken sondern
Kraft und Kreativität aus ihr schöpfen indem sie ihre Gefühle zum Ausdruck bringen und sie mit
anderen teilen.«