Alexander von Humboldt: Von einem der auszog die Welt zu erforschen und dabei ein anderer
wurde Von 1799 bis 1804 reist Alexander von Humboldt nach und durch Amerika später nach
Russland und bis an die Grenze des chinesischen Kaiserreichs. Was seine Reisen begleitet ist
das Schreiben. Aus seinen veröffentlichten aber auch unveröffentlichten Schriften entsteht in
Oliver Lubrichs Untersuchung ein Bild des Reisenden selbst: neugierig und trotz Vorurteilen
stets bereit genau diese an seiner Umgebung zu überprüfen. Das macht seine Aufzeichnungen bis
heute so brisant: Sie sind das Zeugnis einer Wissenschaft die versucht der Welt so nah wie
möglich zu kommen so genau wie möglich von ihr zu berichten und auch das eigene Scheitern
unbedingt produktiv zu machen. Während Humboldt das Wissen über die Welt im Namen der Forschung
verändert verändert die Welt die er entdeckt auch ihn: Da ist der missglückte Aufstieg auf
den Chimborazo die unüberwindbare Felsschlucht die sich in einem wahnwitzigen Verfahren im
Text niederschlägt. Da sind der Orientalismus und die Antikisierung der überseeischen Kulturen
- Verfahren die Humboldt dekonstruiert. Und da ist die Zensur seiner Schriften im zaristischen
Russland die ihn dazu zwingt verdeckte Formen für die Erzählung einer Reise unter politischem
Druck zu finden die brandaktuell sind. Immer mehr erscheint Humboldt nicht nur als
Schreibender sondern auch als Geschriebener. In jedem Buch wagt er einen anderen Entwurf um
Objektivität und Subjektivität neu zu vermitteln. Seine intellektuelle Biografie zeigt dass in
der Veränderung selbst der größte Erkenntnisgewinn liegt.