Nach der Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahr 1861 stellte sich die Frage wie die tiefe Kluft
zwischen den in Orthodoxie mit der Ikone lebenden russischen Bauern und der westlich
orientierten Bildungselite überbrückt werden kann. Antwort: Indem auch die Bauern und sei es
mit Gewalt zum modernen Wissen bekehrt werden. Doch die Bauern weigerten sich. Daher wurden
einige zuerst nicht ernst genommene Stimmen laut die die »Umerziehung der Bauern« als ethisch
nicht vertretbar ablehnten. Doch schon bald meldete sich eine neue Generation von Dichtern
Künstlern und erstaunlich viel Künstlerinnen zu Wort die die von der Elite verachteten
kulturellen Überlieferungen der Bauern sowie die Ikone aufzuwerten begann und ausgehend von
diesen Überlieferungen nach einem eigenen Weg jenseits des Hegemonialanspruchs der Moderne
suchte. Da ihre Suche die vor allem sozial motiviert war jedoch den Überlegenheitsanspruch
des modernen Wissens das vom rationalistischen sowie atheistischen Fortschrittsglauben geprägt
war infrage stellte sah Lenin in dieser Bewegung einen Angriff auf die Grundpfeiler des
Marxismus und begann sofort nach seiner Machtergreifung sie zu unterwandern bis es ihm und
seinen Nachfolgern tatsächlich gelang sie völlig aus dem kulturellen Gedächtnis zu verdrängen.
Noemi Smolik dekolonialisiert mit diesem Buch die bisherige Kunstgeschichtsschreibung und
eröffnet neue Blickwinkel auf das aus heutiger Sicht bahnbrechend innovative Geschehen in
Russland zu Beginn des 20. Jahrhunderts.