»Warum vertrauen wir Fotografien wenn es um Identität geht?« fragt Bernd Stiegler angesichts
einer allseits beklagten Flut von Bildern die noch dazu leicht zu manipulieren oder gar per KI
herzustellen sind. Weil offenbar Identität nicht ohne ihre mediale Beglaubigung zu haben ist.
Fragt man nach dem bildpolitischen Zusammenhang von Identität und Medien so geraten rasch die
kommerziellen Angebote des Metaverse wie auch das aggressive Auftreten der Neuen Rechten in den
Social Media-Kanälen in den Blick die sich als Kampfzone von Identität erweisen.Heute sehen
wir uns konfrontiert mit der doppelten Anforderung einerseits den Standards und Formaten der
digitalen Plattformen zu entsprechen um überhaupt wahrgenommen zu werden andererseits
zugleich als einzigartig herauszustechen. Diese Pole von Typisierung und Individualisierung
sind vorgezeichnet in der Fotografie des 19. Jahrhunderts wenn Verfahren wie die Bertillonage
die fotografische Erfassung von »Straftätern« standardisieren und das Überblenden einzelner
Fotos »Typen« kreiert die Vorstellungen von »Rasse« und »Wesen« veranschaulichen sollen.
Zugleich findet sich mit dem Aufkommen der Carte de Visite-Fotos die eine bis dahin ungekannte
Verfügung über das eigene Auftreten und Rollenspiel möglich machen ein spielerischer Umgang
mit dem eigenen Bild. Dem steht gegenüber die neurechte Fixierung auf Identität die an Bilder
ankoppelt die aus der Geschichte nur zu vertraut sind. Bernd Stiegler führt auf prägnante
Weise die Konflikte und Versprechen vor Augen die Bildpolitik heute regieren.