Zwischen 1917 und 1920 feiert das (bürger)kriegsgeschundene Russland die Stationen der
virulenten allseits bedrohten Revolution in zahllosen Umzügen und grandiosen
Freilichtschauspielen. Trotz Elend und Chaos finden Fest und Feiern statt in einem Ausmaß und
einer Pracht die alle Kräfte und ganz Petrograd mobilisieren - und die Erklärung Propaganda
und andere Totschlagwörter als logische Rohrkrepierer entlarven. Kernstück der Arbeit sind drei
nahezu unbekannte spektakuläre Aufführungen deren Handlungsverlauf Kontext und
Wirkungsästhetik hier dank seltener Quellen und Abbildungen gründlich ausgeleuchtet werden.
Erstmals wird die kulturelle Rückbindung des revolutionären Aufbruchs als primäre Schubkraft
für den immensen Erfolg der Manöverinszenierungen fokussiert: der sozialpolitische
Perspektivwechsel gründet in der umgekehrten Perspektive der östlichen Ikonenmalerei die
Feiern übernehmen die Riten der orthodoxen Liturgie und die Feste tradieren Bräuche des
paganen Jahrmarkts. Deren Ästhetik befragt und erneuert den Wertecode den jeder Bauer in
Uniform zuverlässig versteht. Theatralität erweist sich hier einmal mehr als sicheres
produktives Re Medium für das was eine Gemeinschaft oder Gesellschaft im Inneren zusammenhält.