Um der Grafik individuelle Farbkraft zu verleihen haben jahrhundertelang zahlreiche
herausragende Künstler von Albrecht Dürer über Maria Sybilla Merian bis hin zu anonymen
Meistern des 19. Jahrhunderts zur Technik des Handkolorits gegriffen. Am Beispiel von rund 200
Grafiken und Bildern wird die virtuose Methode erstmals als eigenständige Kunstform gewürdigt.
Vom späten Mittelalter bis zur vollständigen Verbreitung der Farbdrucktechnik der
Chromolithografie um 1870 wurden Grafiken handkoloriert. Ausgehend von der Hervorhebung
einzelner Buchstaben oder der Gestaltung von Seitenrändern entstanden im 16. Jahrhundert Werke
in flott aufgepinselten Aquarell- und Gouachefarben die sich aus den Grenzen der zugrunde
liegenden Grafik befreiten. Nach botanischen Werken mit exquisiten Darstellungen zarter Blüten
und Knospen fand die Illuminierung ihren Höhepunkt im 18. und 19. Jahrhundert. Erstmals wird
nun dank sechs Wissenschaftlern die bislang unerforschte Welt des Handkolorits in der
europäischen Druckgrafik über eine Zeitspanne von etwa 400 Jahren und mehrere Stilepochen
hinweg fassbar.