Mendelssohns bewegende Übertragung des Platonischen Dialogs Phaidon in die Sprache und
Denkweise der Spätaufklärung machte seinen Autor rasch bekannt.Moses Mendelssohn (1729-1786)
war Sokrates (469-399 v.Chr.) dem Protagonisten seines Phädon in seinem ganzen
intellektuellen Leben eng verbunden. Beide teilten eine gewisse Fremdheit gegenüber ihrer
Umgebung - Sokrates aufgrund seines Denkstils Mendelssohn aufgrund seines Judentums. Beider
philosophischer Standpunkt ist schwerer fassbar als es auf den ersten Blick erscheint -
Sokrates' Stimme ist uns fast allein durch die Linse Platons vertraut und Mendelssohns liebste
Darstellungstechnik war der verfremdende Dialog bzw. die Brieffiktion. Beide starben letztlich
für ihre tiefste Überzeugung - Sokrates in der im Phädon geschilderten Weise Mendelssohn in
den dramatischen Verflechtungen während des berühmten Spinoza-Streits. Nicht umsonst wurde
Mendelssohn von seinen Zeitgenossen als ein »zweiter Sokrates« gefeiert.Mit seiner »Neufassung«
des platonischen Dialogs über die Unsterblichkeit der Seele wurde Mendelssohn zu einem der
berühmtesten und meistgelesenen Philosophen seiner Zeit und zum »Klassiker der rationalen
Psychologie« (Dilthey). Anders als Platon geht es dem Philosophen der Spätaufklärung aber nicht
primär um das Unsterblichkeitsproblem sondern um die Frage nach der Bestimmung des Menschen
und damit um die Frage: Worin besteht der Sinn seines Daseins?Die Neuausgabe enthält neben dem
Phädon und Mendelssohns kurzem Abriss zu Leben und Charakter des Sokrates auch die für die
Entstehungsgeschichte und die spätere Rezeption des Werks wichtigen Briefwechsel mit Abbt und
Herder sowie die literarisch-philosophische Diskussion Zweifel Orakel zwischen Mendelssohn und
Abbt.