Gilles Deleuze hat sich schon früh mit dem Werk Henri Bergsons beschäftigt der die überragende
Gestalt der französischen Philosophie vor Sartre war. Seine Monographie »Le bergsonisme« (1966
erschienen) die zentrale Begriffe bei Bergson erschließt und dessen kritische
Auseinandersetzung mit dem Erkenntnisanspruch der exakten Wissenschaften weiterführt gilt in
Frankreich bis heute als Standardwerk.Bereits 1957 stellte Deleuze einen Band mit Textauszügen
aus allen wichtigen Werken Bergsons zusammen der hier unter dem Titel »Philosophie der Dauer«
zum ersten Mal auf Deutsch erscheint. Er bildet gleichsam die Materialsammlung zum
»Bergsonisme« und mit diesem Band begann die Wiederentdeckung Bergsons in Frankreich nach dem
Zweiten Weltkrieg.Deleuze' kongeniale Aneinanderreihung von Textpassagen aus »Zeit und
Freiheit« aus »Materie und Gedächtnis« und der »Schöpferischen Evolution« aber auch aus den
Aufsatzbänden und dem Spätwerk bietet einen guten Überblick über das Bergson'sche Denken. Dabei
wird deutlich dass es neben der Intuition als Methode dem Gedächtnis als Medium zeitlicher
Erfahrung und dem Lebensschwung (élan vital) als Ursache aller Veränderung vor allem die Dauer
ist die begrifflich im Mittelpunkt von Bergsons Philosophie steht. Mit Dauer (durée) ist dabei
(anders als in der umgangssprachlichen Bedeutung des Wortes) nicht die starre zeitliche Abfolge
von Unveränderlichem gemeint sondern der kontinuierliche Wandel: Dauer ist das übergreifende
begriffliche Konzept mit dem die Philosophie im Gegensatz zu den experimentellen
Wissenschaften das »immerwährende Fließen der Dinge« zu erfassen vermag.Sämtliche Texte wurden
von Margarethe Drewsen einheitlich neu übersetzt der Band lässt sich wie eine kompakte
Einführung in Bergsons Denken lesen.