Mit der Neuedition von Alois Riehls dreibändigem Werk »Der Philosophische Kritizismus und seine
Bedeutung für die positive Wissenschaft« wird ein seit fast 100 Jahren vergriffener
philosophiegeschichtlich bedeutender Text wieder zugänglich gemacht. Im ersten Band (1876)
rekonstruiert Riehl die Geschichte des Kritizismus und stellt seinen eigenen kritischen
Realismus in die Reihe von Denkern wie Locke Hume und Kant aber auch Wolff Lambert und
Tetens. Um die Jahrhundertwende gehörte Riehl zu den bestvernetzten deutschsprachigen
Forscherinnen und Forschern - sein Einfluss reichte aber auch darüber hinaus u. a. bis nach
England den USA Russland und Japan. Er war Herausgeber der einflussreichen
»Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie« richtete mit Hilfe Wilhelm Wundts in
Halle eines der ersten psychologischen Laboratorien Deutschlands ein und hat maßgeblich dazu
beigetragen den Begriff »Wissenschaftsphilosophie« in seiner bis heute gebräuchlichen
Verwendung zu etablieren. In Band 1 entwirft Riehl eine Geschichte des Kritizismus und
positioniert seinen eigenen philosophischen Ansatz darin. Wichtigster Bezugspunkt ist Kants
»Kritik der reinen Vernunft« deren empiristische Quellen und systematische Lehrstücke er
rekonstruiert. Der erste Band ist also als ein Buch über Kant und seine Vorgeschichte zu lesen
und gleichzeitig als systematische Auseinandersetzung mit kritischer Philosophie. Dadurch nimmt
das Buch in der Geschichte der Philosophie und Wissenschaften eine einzigartige Stellung ein
und stellt immer noch einen höchst aktuellen Versuch einer »Integrated History and Philosophy
of Science« dar.