Das Baltikum lag lange im Schatten der Aufmerksamkeit. Dabei erstritten Estland Lettland und
Litauen sich nach dem Ende der Sowjetunion mutig ihre Unabhängigkeit. Schon seit 2004 sind die
drei baltischen Staaten Mitglieder der Europäischen Union und der NATO. Dennoch blieb ihre
politische Stimme im Konzert der Großmächte oft ungehört. Spätestens seit der Ausweitung des
russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine 2022 ist das völlig verändert. Die baltischen
Staaten sind verstärkt in den Mittelpunkt des außen- und sicherheitspolitischen Interesses in
Europa gerückt. Das politische Gewicht der Regierungen in Riga Tallinn und Vilnius hat
deutlich zugenommen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat angekündigt zusätzliche
4.000 Bundeswehrsoldaten nach Litauen zu schicken um die Ostflanke der NATO zu stärken. Viele
Gründe die ganze Region stärker in den Blick zu nehmen. Diese Themenausgabe widmet sich den
drei baltischen Staaten aus verschiedenen Perspektiven: Die Historiker Karsten Brüggemann und
Ralph Tuchtenhagen erkunden in ihrem Einführungsbeitrag kulturelle und historische
Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede. Die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland
beleuchtet der lettische Sicherheitsexperte Toms Rostoks. Die estnische Journalistin Maris
Hell-rand beschreibt das freiwillige Engagement vieler Bürger in der Bürgerwehr. Wie die
orthodoxen Kirchen in den baltischen Staaten sich vom Moskauer Einfluss zu lösen versuchen
beschreibt der Religionswissen-schaftler Sebastian Rimestad. Einen Blick auf die
Erinnerungspolitik bietet Eva-Clarita Pettai. Weitere Themen im Band sind das besondere
Verhältnis zum Wald in den drei Ländern die Beziehungen zwischen Litauen und Belarus das
Singen als baltische Lebensart sowie die Geschichte der Deutschbalten. OWEP-Chefredakteurin
Gemma Pörzgen reiste zu Recherchen nach Riga das zum wichtigsten Fluchtort für russische
Journalisten und Medien geworden ist.