Zentgerichte waren im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit eine in der Forschung bislang
wenig beachtete regionale Besonderheit in den Territorien am Mittelrhein in Hessen und in
Franken. Anhand der erstmals ausgewerteten umfangreichen Protokolle des Wertheimer Zentgerichts
aus der Zeit um 1600 werden die Strukturen und Funktionsweisen dieser Gerichtsform mithilfe
eines mikrohistorischen Ansatzes analysiert und deren Bedeutung für die Dorfgesellschaft
herausgearbeitet. Zugleich finden Forschungsperspektiven der Kriminalitäts- und
Rechtsgeschichte aber auch der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte Berücksichtigung. Dabei
wird deutlich dass die Protokolle der Wertheimer Zent nicht nur die lokalen Verhältnisse
spiegeln: Das Zentgericht war weniger ein Instrument der herrschaftlichen Kontrolle und
Regulierung sondern diente vor allem der genossenschaftlichen Friedenssicherung. Gleichzeitig
werden in den Zentgerichtsprotokollen Wahrnehmung und Umgang mit Delikten in der Lebenswelt der
ländlichen Gesellschaft am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges sichtbar.