Rückkehr oder Verbleib eines Pflegekindes wurden 1991 nach langer Diskussion unter breiter
Beteiligung der Fachöffentlichkeit im Sozialgesetzbuch VIII (KJHG) neu geregelt. 37 Abs. 1 Satz
2 sieht die Rückkehr eines Pflegekindes in seine leibliche Familie immer dann - und nur dann -
vor wenn durch Beratung und Unterstützung (.) die Erziehungsbedingungen in der
Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen
vertretbaren Zeitraumes so weit verbessert werden (können) dass sie das Kind oder den
Jugendlichen wieder selbst erziehen kann.Die hier vorgesehene gut ausbalancierte Abwägung mit
vorrangiger Beachtung der Perspektive des Kindes stößt in der Praxis auf Schwierigkeiten.
Insbesondere unzureichende Aus- und Fortbildung in Bezug auf elementare kindliche
Entwicklungsbedingungen lassen vielfach das Kindeswohl hinter ideologischen Tendenzen und
politischen Rücksichten verschwinden - mit dramatischen Folgen für jedes einzelne betroffene
Kind aber auch für die beteiligten Familien.In der jüngsten Zeit haben Einzelfälle Behörden
und Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte über Jahre beschäftigt und große Medienaufmerksamkeit gefunden. Von anderen
durchaus vergleichbaren Fällen erfährt die Öffentlichkeit dagegen nichts. Familiengerichte und
Jugendämter treffen sehr unterschiedliche Entscheidungen.Verlässliche Daten über geglückte oder
misslungene Rückführungen und ihre Rahmenbedingungen sind nicht verfügbar. Fallzahlen Umstände
Motive und Folgen bleiben weitgehend im Dunkeln. Es fehlt an fachöffentlicher Information und
Diskussion die zu einer verlässlichen erfahrungsgestützten Orientierung führen könnten.Wie
notwendig Erfahrungsaustausch und wissenschaftlich fundierte Diskussionen sind ist nicht nur
bei genauer Betrachtung der bekannt gewordenen höchstrichterlich entschiedenen Fälle schnell
erkennbar sondern wird auch vonseiten gut informierter Behörden und Verbände mit wachsendem
Nachdruck gefordert. Die Stiftung zum Wohl des Pflegekindes möchte Impulse setzen dass diese
Diskussion in Gang kommt. Deshalb haben wir sowohl unseren am 3. April 2006 in Mannheim
veranstalteten 17. Tag des Kindeswohls als auch dieses 4. Jahrbuch des Pflegekinderwesens unter
das Thema Verbleib oder Rückkehr?! - Perspektiven für Pflegekinder aus psychologischer und
rechtlicher Sicht gestellt. Die hier veröffentlichten Aufsätze von Ludwig Salgo Claudia
Marquardt Arnim Westermann Helga Mikuszeit und Heinzjürgen Ertmer entsprechen den auf dieser
Tagung gehaltenen Vorträgen. Frau Prof. Dr. Marie-Luise Kluck konnte ihr auf dem 17. Tag des
Kindeswohls gehaltenes Referat Verbleib oder Rückkehr?! - aus psychologischer Sicht aus
persönlichen Gründen nicht bis zum Redaktionsschluss vorlegen. Wir hoffen diesen Vortrag zu
einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen zu können. Anstelle dessen finden Sie - mit
freundlicher Genehmigung des Autors unddes Juventa Verlages - einen Nachdruck des in der
Zeitschrift für Sozialpädagogik erschienenen Aufsatzes Die Pflegefamilie: eine sichere Basis?
von Prof. Dr. Roland Schleiffer. Des Weiteren ist ein Zwischenbericht über eine empirische
Untersuchung zum Thema gelingende und misslingende Rückführungen von Christoph Malter und
Birgit Nabert nachzulesen Ricarda Wilhelm stellt zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen
bei einer gescheiterten Rückführung vor und in Pflegekindschaftssachen involvierte und
engagierte RechtsanwältInnen haben solche gerichtlichen Entscheidungen zu 1632 Abs. 4
zusammengetragen die sich ausdrücklich mit der Bedeutung der in der Pflegefamilie gewachsenen
Bindungen für das Kindeswohl auseinandersetzen.