Die neuere Bildungsromanforschung konstatiert einen Wandel der Subjekte deren persönliche
Entwicklungsprozesse in Bildungsromanen erzählt werden - vom bürgerlichen "mittleren Helden"
hin zu sozialen AußenseiterInnen. Die Frage nach der Adaptierbarkeit des Bildungsromans in
Migrations- und Diasporaliteraturen ist dabei das vorläufig letzte Kapitel einer langen und
wendungsreichen Forschungsgeschichte in deren Verlauf das Genre mit Nationalismus und
Interkulturalität sozialem Konservatismus und gesellschaftlichem Wandel assoziiert wurde.
Anhand von fünf Romanen aus den letzten drei Jahrzehnten u.a. Emine Sevgi Özdamars Die Brücke
vom Goldenen Horn' (1998) und Sherko Fatahs Ein weißes Land' (2011) wirft die Studie einen
Blick auf inter- und transkulturelle Entwicklungsgeschichten im Kontext von Migration und
Kolonialismus. Wie die Analysen zeigen ist die literarische Auseinandersetzung mit dem
Bildungsroman nur selten affirmativ - sie reicht von ironischen Subvertierungen seiner formalen
Muster und ideellen Grundlagen bis hin zu völligen Neuinterpretationen die an postkoloniale
Texte erinnern.