Hermann Reutter (1900-1985) zählt zu den kaum erforschten Musikerpersönlichkeiten des 20.
Jahrhunderts. Sein Lebensweg begann in der Kaiserzeit und schlängelte sich durch die Weimarer
Republik das 'Dritte Reich' sowie die ersten Nachkriegsjahrzehnte. Der gut vernetzte Komponist
erzielte mit Opern Kantaten und Instrumentalwerken hohe Aufführungszahlen. Als flexibler
reich schattierender Liedbegleiter von Sängerinnen und Sängern wie Karl Erb Elisabeth
Schwarzkopf und Dietrich Fischer-Dieskau rückte er jedoch das Klavierlied ins Zentrum seines
Wirkens. An Musikhochschulen und bei weltweit abgehaltenen Meisterkursen für Liedgestaltung
reichte er die in der Praxis gesammelten Einsichten an jüngere Generationen weiter. Dabei
gelang es Reutter die Impulse des Liedkomponisten mit jenen des Pianisten und des Pädagogen
zur Synthese zu bringen. Die vorwiegend werkbezogenen Beiträge des Bandes erschließen eine
Auswahl seiner rüber 200 Lieder auf Gedichte von Rilke Rückert Storm Lorca Hölderlin
Shakespeare sowie der mittelalterlichen Minnelyrik. Überdies wird Reutters Schaffensentwicklung
in wechselnden Zeitkontexten nachgezeichnet.